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„Powern statt Poltern“

Sascha von Zabern

Der Leiter des Atlantic-Hotels Münster ist gleichzeitig Vertreter der Münsteraner Gastronomie im Vorstand der Initiative starke Innenstadt (ISI). Eins von mehreren Indizien dafür, wie engagiert sich das erst 2021 eröffnete Hotel in Münsters Stadtgesellschaft 
einbringt. Wir sprachen mit ihm über das offene Konzept „seines“ Hotels und die drängendsten Probleme der münsterschen Innenstadt-Gastro. 

Erstmal nachträglichen Glückwunsch zum 2. Geburtstag des Atlantic-Hotels.
Sascha von Zabern: Dankeschön.


Die G7-Außenminister haben in Ihrem Haus übernachtet, ebenso der FC Bayern nach dem Pokalspiel gegen Preußen Münster und unsere MSGA-Leser haben Ihre Skybar zu Münsters Bar des Jahres gewählt – es könnte schlechter laufen?
Dafür bin ich sehr dankbar, denn die meisten Münsteraner sagen sich: Warum soll ich in der eigenen Stadt ins Hotel gehen? Meine Hausaufgabe war, den Münsteranern zu erklären: ‚Du kannst ja zuhause schlafen, aber komm‘ doch mal vorbei – zum Abendessen, zum Geschäftstermin, zum Loungen, zum Ausgehen. Oder einfach zum Gucken. Du musst auch nichts kaufen.'
Das hat offenbar gut geklappt, denn das Haus hat sich als Eventlocation, Restaurant und Bar schnell einen Namen in der Stadt gemacht. Allerdings liegt es in einem Problemumfeld. Schreckt das Drogenmilieu zwischen Engelenschanze und Bremer Platz keine Besucher ab?
Ich will das Problem gar nicht kleinreden, aber Bahnhofsgegenden sind immer speziell. Und damit sind wir schon bei einer der Aufgaben, der sich die ISI mit stellen möchte. Wir sind an dem Thema sehr dicht dran und zwar im engen Schulterschluss mit der Immobilien- und Standortgesellschaft (ISG) Bahnhofsviertel, dem Ordnungsamt und der Polizei. Münsters neue Polizeipräsidentin Alexandra Dorndorf nimmt die Sorgen ernst und macht 
einen guten Job. Dadurch, dass wir ständig im Austausch sind, kann schnell gehandelt werden.

Auch das Thema Verkehr polarisiert in Münster. Weniger Autos = mehr Aufenthaltsqualität. Ist das eine Gleichung, die für Sie aufgeht? Anders gefragt: Gehören Sie zum Team „Autos raus aus der City“ oder „Wir müssen erreichbar bleiben“?
Ich habe in dieser Frage sozusagen zwei Hüte auf. Erstens den Hut des Hoteliers: Unsere Gäste müssen uns natürlich mit dem Pkw erreichen können. Zweitens den Hut der ISI: Uns ist vor allem wichtig, dass Ideologie und Emotionen aus dieser Debatte herausgenommen werden. Wir können die Frage nur sachlich, pragmatisch und fair lösen. Und vor allem muss man ERST 
Alternativen schaffen und DANN Bereiche sperren. Man kann nicht Straßen dichtmachen und den Leuten sagen: ‚Seht mal zu…‘.
Beispiel Domplatz …Die Kommunikation war sicher nicht glücklich. Die Frage ist jetzt: Was machen wir mit dem autofreien Platz? Wie schaffen wir konsumfreie Aufenthaltsqualität? Ich persönlich würde mir ein Angebot für 12-16jährige Kinder wünschen, die für den Maxisand zu alt sind.


Die ISI verknüpft die Interessen von Gastronomie und Einzelhandel in Münster. Kann man da voneinander lernen?
Wir haben gerade in der Lockdownphase sehr intensiv kommuniziert, der seinerzeitige Geschäftsführer Linus Weistrup hat fast täglich aktuell informiert. Wir haben aus dieser Zeit gelernt, dass Gastronomie und Handel sich gegenseitig brauchen – einer allein macht die Stadt nicht attraktiv. Die neuen Sprecher des Vorstandes – bestehend aus Ansgar Buschmann (Immobilien), Andreas Weitkamp (Handel) und mir – sieht seine Arbeit darin, Inspirationen, Ideen und Impulse zu schaffen und zu kommunizieren – allerdings nicht laut polternd in der Presse, sondern mit allen vernetzten Partnern. Wir arbeiten und gestalten. Unsere Hauptthemen sind Mobilität und Sicherheit. Und 
natürlich die Besucher: Handel und Gastronomie haben teils die Frequenz aus der Vor-Lockdownzeit wieder erreicht, aber noch nicht die früheren Umsätze. Da spielt die Inflation natürlich eine Rolle: Die Leute können jeden Euro nur einmal ausgeben.


Als die Anhebung der Mehrwertsteuer auf Speisen von sieben auf 19 Prozent im Bundestag zuletzt zur Debatte stand, haben Sie sich direkt ans Finanzministerium gewandt. 
Wir als ISI haben gemeinsam mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) Münsteraner Bundestagsabgeordnete angesprochen und einen Brief an Finanzminister Lindner geschrieben, um die Folgen sichtbar 
zu machen. Auch hier gilt für uns: Powern statt Poltern.


Leider hat sich die Regierung anders entschieden. Was sind ansonsten die aktuell drängendsten Probleme in Münsters Gastronomie und Hotellerie? Welche Unterstützung wünschen Sie sich für die Lösung?
Die Bettensteuer wird ab 2024 auch auf geschäftliche Übernachtungen von der Stadt gefordert. Da müssen wir einen Weg finden, dass es uns Hoteliers und Gastronomen gelingt, mit dieser neuen Doppelbelastung (Bettensteuer und 19% MwSt.) sowie dem Fachkräftemangel klarzukommen. Außerdem 
wünsche ich mir einen fachlichen und sachlichen Austausch aller Partner ohne Polemik und persönliche Emotionen in allen aktuellen Innenstadtfragen.

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